Architekt. Lehrer. Künstler.
Architektur mit Stil, das ist eine stete Herausforderung. Doch gerade da verbindet sich Kunst mit Können. Ein Wegbereiter der architektonischen Moderne war Hans Poelzig (1869-1936). In Deutschland ist er einer ihrer Wegbereiter – lange vor dem Bauhaus. Walter Gropius, Mies van der Rohe oder Erich Mendelsohn haben ihn dann an internationalem Renommee überrundet. Bei vielen neuen Bauaufgaben hat Poelzig vorbildliche Beispiele geschaffen: Privathaus, Quartiersplanung, Warenhaus, Denkmal, Theater, Kino, vor allem aber Industriebau und großstädtische Verwaltungsbauten. Poelzig hat sich keiner Richtung verschrieben, er sah sich „irgendwo dazwischen“. Wohl aber hat er sich der Kunst verschrieben. Im Bauen wie beim Entwurf von Möbeln, Keramik, Porzellan, Bühnenbildern für Film und Theater und nicht zuletzt in der freien Malerei trat seine Begabung hervor.
Sein Lebenswerk stieß in der Nachwelt auf wechselndes Interesse. Als einer der führenden Baumeister der Weimarer Republik missfiel er im „Dritten Reich“. Nach seinem Tode blieb die Biographie von Theodor Heuss (1939), des späteren deutschen Bundespräsidenten, auf lange Zeit die letzte Würdigung. Einzelne Ausstellungen, so in Krefeld 1951, hielten die Erinnerung wach. Die internationale Neubewertung des architektonischen Expressionismus und daraus erwachsende Aufmerksamkeit für die Vielstimmigkeit der Moderne verstärkten nach 1980 die Resonanz. Publikationen von Julius Posener, einem Schüler Poelzigs, hatten daran den größten Anteil. Dem frühen schlesischen Werk Poelzigs widmete sich 2001 eine Ausstellung, die das Oberschlesische Landesmuseum insbesondere dank des Breslauer Architekturmuseums zu präsentieren vermochte.
Unterschiedlich ist auch der Erhaltungszustand von Poelzig-Bauten. Manche wie das Haus des Rundfunks in Berlin und das ehemalige I.G.Farben-Verwaltungsgebäude in Frankfurt am Main sind heute in ausgezeichnetem Zustand. Auch in der Nähe von Ratingen kann man der Architektur Poelzigs begegnen. In Krefeld baute Hans Poelzig von 1929 bis 1931 für die Textilfabrikantenfamilie Steinert ein bemerkenswertes Haus. Dort fanden schon früh Kunstausstellungen statt, etwa 1947 der erste Deutsche Werkbundtag nach dem Krieg und 1950 eine Ausstellung von Mataré-Schülern mit dem damals 29-jährigen Joseph Beuys. Seit 2006 ist das Poelzig-Haus in Krefeld für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Treppenhaus, das sich weitgehend im Originalzustand der Erbauungszeit befindet, werden regelmäßig Fotoausstellungen gezeigt.
In Schlesien erfahren Poelzigs Bauten auch eine neue Beachtung. Gefährdet oder bereits seit langem verloren sind vor allem seine Industriebauten.
Das ifa – Institut für Auslandsbeziehungen hat eine Ausstellung zum Leben und Wirken Poelzigs erstellt. Diese umfangreiche Gesamtschau beleuchtet mit Plänen, Bildern und insbesondere zahlreichen Modellen die Arbeit dieser bedeutenden schlesischen Künstlerpersönlichkeit.
Einen Vorgeschmack zur Ausstelung gibt es auf YouTube. Über die Präsentation bei der Ausstellungsstation im Bergbaumuseum Hindenburg/Zabrze gibt es ebenfalls einen Film.
Im Westdeutschen Rundfunk unterhielten sich über die Ausstellung Museumsdirektor Dr. Stephan Kaiser und Moderator Daniel Eisermann am 27. Dezember 2012.
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Kataloge:
Wolfgang Pehnt, Matthias Schirren (Hrsg.): Hans Poelzig. Architekt Lehrer Künstler, Stuttgart: Institut für Auslandsbeziehungen, 2007. – 270 S. (29,90 € zuzüglich Versandkosten)
Jerzy Ilkosz, Beate Störtkuhl (Hrsg.): Hans Poelzig in Breslau: Architektur und Kunst 1900 – 1916. Delmenhorst: Aschenbeck und Holstein, 2000. – 600 S. (Restexemplare 20,00 €)