Endlich Frühling ! Vergangenen Sonntag war das nicht nur in der freien Natur bei freundlich-warmem Wetter zu spüren. Der Frühling und damit die Osterzeit sind jetzt auch in das Oberschlesische Landesmuseum eingezogen. Davon konnten sich die über 100 Gäste bei der Ausstellungseröffnung „Allerl[ei]. Ostereier aus Oberschlesien“ überzeugen. Die Ausstellung zeigt kunstvoll verzierte Ostereier in den für Oberschlesien typischen Verziertechniken passend im liebevoll dekorierten österlichen Ambiente.
OSLM-Direktor Dr. Kaiser begrüßte die Gäste. „Bereits zum dritten Mal präsentieren wir in der Osterzeit kleine, aber feine Kunstwerke unserem Publikum. Das hat im OSLM bereits Tradition. Wir bemühen uns, jedes Jahr Ostereier aus einer anderen Region bzw. aus einem anderen Museum in Oberschlesien zu präsentieren. Diesmal ist das Museum in Ratibor unser Partner. Die von dort entliehenen Eier stammen aus den 1960er Jahren und muten etwas archaisch an – im Gegensatz zu den Eiern, die mehrere Künstlerinnen aus demLandkreis Oppeln OSLM zur Verfügung gestellt haben“ – informierte Dr. Kaiser die Zuhörer. In Oberschlesien hatte er kürzlich die Gelegenheit, einer Künstlerin beim Dekorieren von Ostereiern zuzusehen. Beeindruckt von ihrem handwerklichen Können, hielt er den Vorgang sogleich mit der Videokamera fest. Der Film ist jetzt in der Ausstellung zu sehen.
Ausstellungskuratorin und OSLM-Mitarbeiterin Dr. Susanne Peters-Schildgen führte anschließend das Publikum sachkundig in die verschiedenen Dekorationstechniken und Osterbräuche ein. „Gekratzte Eier nennt man in Oberschlesien ‚kroszonki‘ – erläutete Peters-Schildgen. „Für diese Technik benötigt man spezielle Werkzeuge zum Gravieren, wie Rasierklingen, kleine Teppichmesser und andere spezifische Klingen, um dünne oder auch breitere Linien zu erzielen. Die Künstler stellen ihre Werkzeuge und Messer oft selber her. Diese Dekorationstechnik ist besonders in Oppeln beliebt. Ähnliche Muster kann man auf Porzellan in dieser Region zu finden. Mathematisches Geschick ist vorteilhaft beim Einritzen der Muster. Man muss sich genau überlegen, wie man das Ei einteilt. Es ist nicht einfach, feine sich wiederholende Muster auf die zerbrechliche Oberfläche aufzubringen, ohne dass Fehler oder Lücken in der Sequenz der Muster entstehen. Meist werden die Eier mit Blumen- oder Blattmotiven und geometrischen Ornamenten dekoriert. Zusätzlich können auch Sprüche oder Gedichte aufgetragen werden, mit denen man z.B. seiner Liebsten bzw. seinem Liebsten einen besonderen Gruß zu Ostern übermitteln möchte.“ Darüber hinaus sind in der Ausstellung auch Ostereier in Wachsbatiktechnik (pisanki) und in Klebetechnik (naklejanki) zu sehen.
Abschließend stellte Dr. Peters-Schildgen dem Auditorium zwei für Schlesien typische Osterbräuche vor: das schlesische „Schmackostern“ und das oberschlesische „Śmigus“ – „Dyngus“, auch als „Nasser Montag“ bekannt. „In einigen Gebieten ist die so genannte Lebensrute Teil des Rituals von ‚Schmackostern'“ – erklärte Peters-Schildgen. „Weidenzweige werden mit bunten Bändern zu einer Rute zusammengeflochten. Jungen und junge Männer schlagen damit den Mädchen und jungen Frauen leicht auf den Arm. Das geschieht in den frühen Morgenstunden, wenn die Mädchen noch im Bett liegen. Dabei werden Sprüche aufgesagt und verzierte Eier verschenkt. Durch das Schlagen mit der Rute sollen Gesundheit und Lebenskraft auf die Mädchen übergehen. Am ‚Nassen Montag‘ werden in ganz Polen alte und junge Menschen mit Wasser bespritzt. Im Gegenzug werden bunte Eier verschenkt. Heidnische und christliche Tradition verbinden sich mit diesem Brauch, der heute ein Volksfest ist“ – so Peters-Schildgen.
Nach dieser informativen Einführung war beim anschließenden Ausstellungsbesuch und einem Getränk für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Die Gäste nutzten die Gelegenheit gerne, sich an ihre eigenen Ostertraditionen zu erinnern. Viele machten von dem Angebot des Museums Gebrauch, die Eier der Künstlerinnen zu erwerben. Einige meldeten sich gleich zu den Workshops an, um die oberschlesische Dekorationstechnik des Eierkratzens unter fachlicher Anleitung zu erlernen. Das OSLM bietet die Workshops am 17. und am 31. März an. Anmeldungen werden unter Tel.: 02102 – 965-256 gern entgegengenommen.
Im Anschluss an die Eröffnung gab es auch noch eine Kuratorenführung durch die Sonderschau „300 x Friedrich. Preußens großer König und Schlesien“. Ausstellungskurator und OSLM-Direktor Dr. Kaiser führte exklusiv durch die aufwändige Ausstellung und brachte den Teilnehmern die ambivalente Persönlichkeit Friedrichs II. und dessen Ringen um Schlesien näher.
Am frühen Abend verließen die letzten Gäste das Museum mit dem Eindruck, einen rundum gelungenen und kurzweiligen Kulturnachmittag im OSLM verbracht zu haben.