Gemälde von Gerda Stryi (Kattowitz 1905-Wiesbaden 1992)
Eine Ausstellung des Oberschlesischen Landesmuseums in Verbindung mit dem Verein der Freunde und Förderer der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg
Gerda Stryi war eine ungewöhnliche Künstlerin. 1921 kam sie mit 16 Jahren aus eigenem Entschluss von Kattowitz nach Breslau, um sich für die Aufnahme in die „Staatliche Akademie für Kunst und Kunstgewerbe“ zu bewerben. „Eine Mappe mit Probearbeiten unter Beifügung eines kurzen Lebenslaufes“ war einzureichen. Mutig, aber klopfenden Herzens wagte sie sich in die Kaiserin-Augusta-Straße. Die Kommission soll, wie sie als späteres Mitglied erfuhr, geschwankt haben. Eine Sechzehnjährige! Doch waren die Arbeiten, die die junge Schülerin in ihrer Mappe aus Kattowitz mitgebracht hatte, in ihrer Unfertigkeit vielversprechend. Otto Mueller soll mit seiner Äußerung den Ausschlag gegeben haben: „Ach, nehmen wir sie doch!“. Er hat es nie bereut.
Schon als Kunstschülerin der Breslauer Akademie besaß Gerda Stryi außer einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein auch ein ausgeprägtes Konzentrationsvermögen und viel Ausdauer. Als sie bereits bis zur Malklasse von Oskar Moll, dem Direktor, avanciert war, malte sie, während alle essen gingen, weiter an einem Stillleben. Oskar Moll, der als erster zurückkam, ließ sein Staunen über die Studentin, die nicht zum Mittagessen gegangen war, in Anerkennung der Arbeit einmünden. Die Hingabe an die Sache war die Grundlage ihres eigenen Weges.
Otto Mueller aus Liebau im Riesengebirge und Oskar Moll aus Brieg an der Oder waren ihre bedeutenden Lehrer. Otto Mueller mag ihre starke formende Kraft, die Architektur ihrer Bilder und den Mut zur großen Linie gefördert und bestätigt haben. Oskar Molls Reichtum an zarten Farbnuancen hat sie angeregt. Aber ihre Farben sind viel kräftiger, und ihre Bilder bringen Farbtöne hervor, mit denen man die Natur in ihren Stimmungen und Situationen auf eine ganz neue und intensive Weise erlebt. Sie sensibilisieren unser Farbempfinden und bereichern so unsere Sinne.
Zu dem inspirierenden künstlerischen Umfeld des Ehepaars Stryi-Leitgeb in Breslau gehörten der Bildhauer Robert Bednorz, der Maler Wolfgang von Websky, der Zeichner Paul Holz und vor allem der Restaurator und Maler Johann Drobek.
In der NS-Zeit galten die Bilder Gerda Stryis als „entartet“, und sie musste sich damit begnügen, Bühnendekorationen zu entwerfen. Nach Flucht und Vertreibung reifte sie in Wiesbaden, wo sie ihren Ehemann, den Maler und Kunsterzieher Erich Leitgeb, bereits 1950 durch den Tod verlor, zu einer unverwechselbaren Künstlerin heran. Unterstützt von Johann Drobek, schuf Gerda Stryi zunächst die Fresken in den Sopraporten der Wiesbadener Theaterkolonnaden nach den preisgekrönten Entwürfen Erich Leitgebs und entwickelte ihr expressives Werk weiter. Vulkanischem Gestein, alten Häusern im mediterranen Licht galt zunächst ihr Interesse. Später kamen glühende Landschaften in Oberbayern, im Allgäu, im Wiesbadener Kurpark und an der Nordsee hinzu. Dazwischen malte sie immer wieder Stillleben: Blumen, oft in Nachbarschaft plastischer Formen. Im letzten Lebensjahrzehnt dominieren ausdrucksstarke Landschaftsbilder als Spiegel ihrer künstlerischen Seele.
Die Entwicklung dieser immer nach neuer Gestaltung strebenden Malerin fand kein Ende. Sie brach ab, als die Folgen des Sturzes von einer Leiter beim Einordnen ihrer Bilder sie zwangen, Pinsel und Palette aus den Händen zu legen. Gerda Stryi starb am 31. Oktober 1992 nach längerem Krankenlager, das als Folge dieses Sturzes nötig geworden war.