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14.04.2011 – 08.07.2011 „Scherenschnitte und Druckgraphik von Melchior Grossek“

Das_Lied_des_Todes

„Wie der Priester von der Kanzel durch das Wort, so soll der Künstler von den Wänden durch das Bild dem Volke predigen. Für beide Prediger lautet der Auftrag: lehret alle Völker“
(Melchior Grossek in: Germania-Zeitung Nr. 471 vom 26.10.1920).

Dieser Leitgedanke prägte das geistliche und künstlerische Wirken von Melchior Grossek gleichermaßen (1889 – 1967). Er verstand sich in erster Linie als Priester und Seelsorger. Doch Zeit seines Lebens drückte er sich auch durch die Kunst aus.

Das Oberschlesische Landesmuseum zeigt nun erstmals einen Querschnitt durch sein vielseitiges künstlerisches Werk.

Die Ausstellung ist bis zum 8. Juni in der Berliner Filiale der Pax-Bank (Chausseestr. 128a) zu sehen.

Melchior Grossek wurde 1889 in Bralin im ehemaligen Kreis Groß-Wartenberg (heute: Woiwodschaft Großpolen) geboren. Er studierte katholische Theologie in Breslau und begann gleichzeitig eine künstlerische Ausbildung an der dortigen Kunstakademie bei dem bekannten Künstler Heinrich Tüpke. 1913 kam er unmittelbar nach seiner Priesterweihe als Kaplan nach Berlin. Unterbrochen wurde der Aufenthalt in Berlin durch seine weitere künstlerische Ausbildung in München, Aachen und Bonn von 1920 bis 1922. 1924 trat Grossek seine erste Pfarrstelle in Berlin-Friedrichshagen an. Von 1938 bis zu seinem Ruhestand 1964 war er Pfarrer in der Gemeinde Heilige Familie in Berlin-Lichterfelde.

Grossek_Fliegerjagd1923 erschien Grosseks bedeutendstes und zentrales künstlerisches Werk: „Gestalten des Todes. Ein Totentanz des Weltkriegs“. Er widmete diese aus 15 Blättern bestehende Scherenschnittreihe seinen beiden Brüdern, die im Ersten Weltkrieg gefallen waren. Der Totentanz ist ein im späten Mittelalter sehr populärer Kunsttypus. In seinen Anfängen wurde er wohl in der Folge der im 14. Jahrhundert ganz Europa heimsuchenden Pest geschaffen. Der Betrachter wird an die eigene Sterblichkeit erinnert und ermahnt, seine christlichen Gebote und sozialen Pflichten zur Erlangung des ewigen Lebens zu erfüllen. Der Erste und Zweite Weltkrieg veranlassten im 20. Jahrhundert viele Künstler, Motive aus dem Totentanz wieder aufzunehmen, oder eigene Werke entsprechend zu benennen. In Grosseks Totentanz bestimmt der erfindungsreiche und gierige Knochenmann das Geschehen auf den Kriegsschauplätzen der Welt. In schauriger Eindringlichkeit werden dem Betrachter die Schrecken des Kriegs vor Augen geführt. Dieser Zyklus ist Klage und zugleich Protest gegen das Böse, das allgegenwärtig scheint. Vorgesehen war eine Fortsetzung um zwei weitere Mappen zu je 15 Tafeln, die jedoch nie erschienen sind.

Grossek_verlorener_SohnIm selben Jahr veröffentlichte Melchior Grossek auch „Das Leben“. Nicht mehr ganz so expressiv, bisweilen idyllisch und detailliert gestaltet sind die 33 Scherenschnitte aus dem Leben Christi. Der Künstler Grossek tritt hier hinter den Priester Grossek zurück. Er vermied es so, dem Thema das Erhabene zu nehmen.

Grossek_HedwigDie „Gestalten des Todes“ und „Das Leben“ sind formal und inhaltlich sehr unterschiedlich. Beide Reihen kennzeichnet jedoch ihre ausgesprochene Kreativität und künstlerische Qualität.

Melchior Grosseks Werk wird ergänzt durch zahlreiche Linol- und Holzschnitte, Aquarelle und Skizzen. Darunter befinden sich Vorstudien und Variationen zu seinen beiden Scherenschnittreihen. Christliche Motive bestimmen auch sein druckgraphisches Werk, doch wagte er sich hier wieder an eine intensivere und expressivere Gestaltung heran. Seine Landschaftsaquarelle stammen größtenteils aus seinen späten Lebensjahren und wurden auf Reisen in die Allgäuer Alpen und Südeuropa angefertigt.

Melchior Grossek lässt sich am ehesten dem Berliner Expressionismus zuordnen. Dieser hatte seinen bereits Höhepunkt überschritten, als Grossek künstlerisch tätig wurde. In erster Linie ist sein Werk aber ein Ausdruck eines christlichen Bekenntnisses. Der größte Teil des künstlerischen Nachlasses Grosseks befindet sich im Besitz eines Sammlers in München und wird nun zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert.

Begleitheft zur Ausstellung