„Für Leib und Seele“
– Von der Kultur des Essens und Trinkens –
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„Ebenmäßig trägt das flache Land in Schlesien jährlich reichen Uberfluß an allerley Acker / Korn / und Hülsen-Früchten / und kan auch jedesmal von solchem Uberfluß den dürsstigen Nachbarn mittheilen / dafern der Höchste Gott den Seegen vor Schaden bewahret.“ [Lichtstern, Fridrich (d.i. F. Lucae) 1685] |
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Hunger stillen und Durst löschen – Essen und Trinken sind lebensnotwendige Grundbedürfnisse. Doch die Art und Weise, wie der Mensch seine Nahrung beschafft, zubereitet, damit haushaltet, sie verteilt und verzehrt, unterscheidet ihn vom Tier. Es sind höchst komplexe Handlungen, die der Mensch innerhalb einer Gemeinschaft regelt und organisiert. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich regional unterschiedliche Eigenarten und Vorlieben, Ess- und Ernährungskulturen entwickelt.
Äußere Faktoren wie naturräumliche Gegebenheiten, wissenschaftlich-technischer Fortschritt, politische Reformen, religiöse Zugehörigkeit, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen, aber auch Notzeiten haben den Anbau spezieller Feldfrüchte, die Entstehung ausgefallener Gerichte, die Bevorzugung einzelner Nahrungsmittel oder die Tischsitten und Gebräuche in einer Region beeinflusst.
Die Erzeugung unserer Nahrungsmittel ist und bleibt jedoch ein Eingriff in den Naturhaushalt und bedingt somit Umweltveränderungen. So hat jede Zeit auch mit spezifischen Herausforderungen zu kämpfen: früher Missernten durch Schädlinge, heute Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln. Phänomene wie das akute und noch nicht ergründete Bienensterben sorgen für eine wachsende Sensibilität für Natur und Landwirtschaft und einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln.
Die Ernährung stellt zudem einen wichtigen Teil der individuellen Identität dar. Essen wird zum Ausdruck der Integration in bestimmte soziale und kulturelle Kreise. Ob Facebook, Twitter oder Instagram: „Food-Fotografie“ ist ein wahres Massenphänomen unserer Tage. Eine ähnliche Erscheinung kennt bereits das 16. Jahrhundert. Bilder von höfischen Festmahlen waren schon damals Teil der Selbstinszenierung, denn einst wie heute gilt: Man ist, was man isst.
Vom 6. Dezember 2015 bis zum 15. Oktober 2016 zeigt das Oberschlesische Landesmuseum eine Ausstellung zur Kultur des Essens und Trinkens am Beispiel Schlesiens.
Dank fruchtbarer Böden wurde Schlesien seit jeher mit Ackerbau und Viehzucht verbunden. Fleischer, Müller, Bäcker, Imker und Brauer entwickelten im Laufe der Zeit die Verarbeitung von Agrarprodukten und verfeinerten die Rezepturen. Die erste Rübenzuckerfabrik Europas wurde 1802 in Kunern (Niederschlesien) gebaut.
Marken wie „Schneekoppe“ oder „Tyskie“, welches aus der traditionsreichen Fürstlichen Brauerei in Tichau hervor ging, erlangten überregionale Bedeutung. Daneben wurden Bunzlauer Keramik und die unverwechselbaren Liegnitzer Bomben vor allem auch bei den Vertriebenen zu Symbolen ihrer schlesischen Identität. Heute gehören in der EU der schlesische Streuselkuchen („Kołocz śląski / kołacz śląski“) der niederschlesische Honig („Miód wrzosowy z Borów Dolnośląskich“) und der traditionelle Schafskäse aus der Tatraregion („Oscypek“) zu den polnischen Produkten mit geschützter Herkunftsbezeichnug. Sie sind weit bekannt und mit ihrer Erzeugungsregion untrennbar verbunden.
Die Ausstellung in Ratingen spannt einen Bogen von Erzeugung und Anbau über die Weiterverarbeitung und Vermarktung, die Konservierung und Vorratshaltung sowie die Verwendung und Zubereitung bis hin zum Verzehr von Lebensmitteln. Hinzu kommt die damit verbundene Entwicklung regionaler Rezepte, Tischsitten und Essrituale sowie die Betrachtung von Lebensmittelversorgung in Krisenzeiten. Vorgestellt werden sollen in dem Zusammenhang typische schlesische Produkte und traditionelle Firmen.
Museumsmaskottchen „Schlesi“ schlüpft in die Rolle unterschiedlicher Berufe und erklärt, wie vor 100 Jahren Mehl gemahlen oder Brot gebacken wurde. Es gibt ausgewählte Objekte zum Anfassen und Experimente zum Ausprobieren.
Hier finden Sie die Pressemitteilung zur Ausstellung mit weiteren Informationen.
Klicken Sie das Kuchbuch an. Hier finden Sie die beliebtesten Rezpte aus der Ausstellung als Download:
Wie gut Schlesien schmeckt, können Sie im Interview mit OSLM-Mitarbeiterin Dr. Susanne Peters-Schildgen bei extra Radio (Sendung vom 23.6) nachören. Klicken Sie dazu einfach auf das Logo.