In unserer Ausstellung „Schaukelpferd und Zinnsoldaten. Kindheit und Jugend in Schlesien“ zeigen wir zwei Dreidel unter vielen weiteren Spielzeugen. Der Dreidel (hebräisch Sevivon, jiddisch Trendl) ist ein Kreisel mit vier Seiten, die jeweils mit einem Buchstaben des hebräischen Alphabets bedruckt sind:
נ (Nun), ג (Gimel), ה (He), ש (Schin). In der Diaspora sind es die Anfangsbuchstaben für den Satz:
נס גדול היה שם – Nes gadol haja scham: „Ein großes Wunder geschah dort.“
In Israel wird der Buchstabe Schin durch ein פ (Pe) ersetzt, so heißt der Satz:
נס גדול היה פה – Nes gadol haja po: „Ein großes Wunder geschah hier.“
Gemeint ist das „Lichtwunder“, das während des Chanukka-Fests gefeiert wird. 164 v. Chr. befreiten sich die Makkabäer erfolgreich von der Herrschaft der Seleukiden. Die Besatzer hatten den Tempel in Jerusalem geplündert, entweiht und das Licht der Menora (des siebenarmigen Leuchters) gelöscht. Ein besonderer Frevel, denn ihr Licht steht für die Anwesenheit Gottes und darf niemals erlöschen. Bei der Neuweihung des Tempels war es insofern essentiell die Menora wieder zu entzünden. Der Legende nach hatten die Griechen einen winzigen Krug mit Öl übersehen, der die Menora wie durch ein Wunder acht Tage lang zum Leuchten brachte – genauso lange wie man zur Herstellung neuen Öls benötigte.
Während der seleukidischen Besatzung war außerdem das Studium der Thora verboten. Eine weitere Legende besagt, dass in diesem Zusammenhang der Dreidel entstanden ist. Mit seiner Hilfe sollte man aus der Thora lernen. Näherte sich eine seleukidische Patrouille, konnte man vorgeben sich einer harmlosen Freizeitbeschäftigung zu widmen. Tatsächlich ist der Dreidel wesentlich jünger und beruht auf einem Kinderspiel aus dem 16. Jahrhundert.
In Oberschlesien bestanden jüdische Gemeinden seit dem 13. Jahrhundert, die besonders in den größeren Städten eine lebendige Kultur pflegten. Vor allem seit dem Fall des Kommunismus erlebte das kulturelle, soziale und religiöse Leben der Juden in Schlesien eine Wiederbelebung.