Ein ungewohntes Bild bot der Veranstaltungssaal der Stiftung Haus Oberschlesien zur Finissage der Sonderausstellung über vergessene Opfer der NS-„Euthanasie“ am vergangenen Sonntag (30.8.2020). Die stellv. Museumsdirektorin, Dr. Susanne Peters-Schildgen, begründete die sparsame Bestuhlung und eher nüchterne Atmosphäre des Oktogons mit den erforderlichen Hygieneauflagen für Corona. Der Veranstaltung schadete dies jedoch nicht. Vielmehr konnte Hagen Markwardt, wissenschaftlicher Referent der Stiftung Sächsische Gedenkstätten/Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein bei Dresden, mit seinem ansprechenden Vortrag zum Ausstellungsthema schnell das Interesse des Publikums wecken. Er war eigens angereist, um am letzten Ausstellungstag den Museumsgästen Einblicke in das dunkle Kapitel der NS-„Euthanasie“ zu gewähren. Als Fallbeispiel stellte Markwardt in seinem Beitrag jüdische Anstaltspatienten vor. Sie galten nach 1933 aus rassenideologischen Gesichtspunkten als doppelt stigmatisiert: zum einen durch ihre Zugehörigkeit zur jüdischen Bevölkerung und zum anderen durch ihre psychische Krankheit. Markwardt machte deutlich, dass mehrfache Verlegungen in andere Krankenanstalten, von den die jüdischen Patienten aus rassenhygienischen Gründen besonders betroffen waren, den Angehörigen die Kontaktaufnahme erschwerte. Dies geschah bewusst, um Tötungsvorgang, Zeitpunkt und Sterbeort zu verschleiern. Dazu dienten sogar Scheinadressen für Anstalten. „Heute würde man von Briefkastenfirmen sprechen“, so Markwardt. Sogar die Asche, die den Angehörigen schließlich ausgehändigt wurde, stammte aufgrund von Sammelkremierungen nicht nur von dem Verstorbenen. In der Ausstellung selbst erklärte Markwardt am Beispiel einiger Ausstellungstafeln die Mechanismen, mit denen die Nationalsozialisten Krankenmorde betrieben und wie damit der Begriff „Euthanasie“ pervertiert wurde, um Menschen zu töten, die nach den Vorstellungen der NS-Rassenideologie als minderwertig galten. Schnell verging ein aufschlussreicher Nachmittag. Für die Wanderausstellung war das ein würdiger Abschluss. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei dem Gedenkstättenleiter, Herrn Dr. Böhm, sowie bei Herrn Markwardt für die Möglichkeit, die Ausstellung dem OSLM-Publikum vorstellen zu können und hoffen sehr, dass diese wichtige Präsentation noch an vielen Orten zu sehen sein wird.