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22.9. Podium Silesia. Beiträge zur Geschichte Oberschlesiens. Diskussionsabend: „Die Ausrufung des Kriegsrechts in Polen und die Pazifizierung der Zeche Wujek in Kattowitz“

Am Mittwoch, dem 22. September, um 18:30 Uhr laden wir Sie herzlich zu unserem Diskussionsabend, zu dem Thema „Die Ausrufung des Kriegsrechts in Polen und die Pazifizierung der Zeche Wujek in Kattowitz“ ein.

Nach einer knappen historischen Einführung in die Thematik durch den Kulturreferenten für Oberschlesien, Dr. David Skrabania, folgen die Vorträge von Dr. Marek Lyszczyna, Mitarbeiter beim Schlesischen Zentrum für Freiheit und Solidarität in Kattowitz sowie durch Stanisław Płatek, Streikführer auf dem Bergwerk „Wujek“ im Dezember 1981. Anschließend besteht die Möglichkeit zur Diskussion. Die Veranstaltung wird gedolmetscht.



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Foto: M. Janicki

In Kattowitz, an einem Ort, den heute ein Denkmal in Gestalt eines besonders symbolträchtigen Kreuzes überragt, kam es am 16. Dezember 1981 zur blutigsten aller Niederschlagungen während des Kriegszustandes. Gegen Bergleute, die als Zeichen ihres Widerstandes und aus Solidarität mit ihren verhafteten Kumpels einen Streik ausriefen, wurden Panzer und Kampfwagen der Armee und Sondereinheiten der Miliz mobilisiert. Die Streikenden sollten eingeschüchtert und die Ausweitung der Proteste auf weitere Betriebe und Bergwerke in Oberschlesien verhindert werden. Denn gerade hier, in der Region, die von den kommunistischen Machthabern als die Vorzeige-Region betrachtet wurde, erwies sich der Widerstand als besonders hartnäckig. Um ihre Hegemonie über Staat und Gesellschaft zu bestätigen, entschied sich die kommunistische Partei zum wiederholten Male in der Nachkriegsgeschichte Polens zur Gewaltanwendung. Bereits am 15. Dezember 1981 wurden vier Bergleute vor dem Bergwerk „Manifest Lipcowy“ in Bad Königsdorff-Jastrzemb verletzt, als das Feuer gegen sie eröffnet wurde. Zwei Tage später wurde die „Befreiung“ des Kattowitzer Bergwerkes „Wujek“ eingeleitet. Unter Einsatz von Wasser- und Gasgranatwerfern wurde mit dem Sturmangriff auf das Bergwerk begonnen. Panzer und Kampfwagen von Armee und Miliz rissen die Umzäunungen nieder und gelangten auf das Werksgelände. Schließlich kam noch ein Kommando der Sondermiliz zum Einsatz, das den Widerstand der Streikenden mit Hilfe von Maschinenpistolen brach. Die Milizionäre schossen weder in die Luft, noch gaben sie Salutschüsse ab. Sie töteten neun Bergleute. Der jüngste von ihnen war 19 Jahre alt.

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Foto: ŚCWiS

Heute ist das majestätische Denkmal für die gefallenen Bergleute des Steinkohlenbergwerkes „Wujek“ nicht nur ein gesamtpolnisches Symbol des Widerstandes gegen die Ausrufung des Kriegsrechts, sondern vor allem ein Zeichen der Erinnerung an die beschriebenen tragischen Ereignisse.

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Foto: ŚCWiS

Aus Anlass des 40. Jahrestages der Ausrufung des Kriegsrechts in Polen und der Niederschlagung des Streiks auf dem Bergwerk „Wujek“ und an anderen Orten, insbesondere in Oberschlesien, erinnern wir an die Ereignisse und das Unrechtsregime in Polen. Auch für Hunderttausende Oberschlesier, die in vor allem in der zweiten Hälfte der 1980er Jahren das Land verließen und als Aussiedler in Deutschland, zumal in Nordrhein-Westfalen, eine neue Heimat fanden, waren die Ereignisse vom Dezember 1981 mit ausschlaggebend, für die Entscheidung, Polen verlassen zu wollen – sie hatten mit dem kommunistischen System endgültig abgeschlossen.



Podiumsteilnehmer:

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Dr. Marek Lyszczyna, Leiter der Sachabteilung beim Schlesischen Zentrum für Freiheit und Solidarität (Śląskie Centrum Wolności i Solidarności). Er ist Absolvent des Studiengangs Organisation der Filmproduktion an der Leon-Schiller-Hochschule für Film, Fernsehen und Theater in Łódź und des Studiengangs MISH an der Schlesischen Universität in Kattowitz. Stipendiat an der Université IV Sorbonne in Paris und an der Sociéte Historique et Littetaire Polonaise. Hochschulabschluss in Kulturmanagement an der Warschauer Wirtschaftshochschule, Buchautor: „Notatki o polskim kinie kontestacji“ (Notizen zum polnischen Widerstandskino), das sich mit obrigkeitskritischen Filmen aus der Zeit des Kommunismus beschäftigt, und „Jean Rollin. Migawki z historii francuskiej grozy“ (Jean Rollin. Schnappschüsse aus der Geschichte des französischen Horrors). Mitautor des Dokumentarfilms „Tablica Pani Ani“ (Anias Tafel), der Anna Walentynowicz, einer legendären Oppositionsaktivistin im kommunistischen Polen, gewidmet ist. Autor wissenschaftlicher Artikel über französische Filme (z.B. in „Europejskie Kino Gatunków“ Bd.2), über hundert Rezensionen, Interviews und populärwissenschaftliche Texte, die u.a. in der „Gazeta Wyborcza“, in „Silesia“ „artPAPIERe“ und „Opcje“ veröffentlicht wurden.


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Stanisław Płatek, einer der Anführer des Streiks im Dezember 1981 im Kohlebergwerk „Wujek“. Seit 1973 arbeitete er im Bergwerk, im September 1980 beteiligte er sich an der Schaffung der Strukturen des Unabhängigen Selbstverwalteten Gewerkschaftsbundes „Solidarność“, in denen er die Position des Sekretärs des Prüfungsausschusses innehatte. Nach der Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 führte Stanisław Płatek den Streik zur Verteidigung des inhaftierten Vorsitzenden des Betriebsrats der „Solidarität“, Jan Ludwiczak, an. Am 16. Dezember wurde er bei der Befriedung des Bergwerks verwundet und anschließend von den kommunistischen Behörden zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, aus dem er 1983 aufgrund einer Amnestie entlassen wurde. Gründer und Vorstandsmitglied des Sozialkomitees zum Gedenken an die am 16. Dezember 1981 ermordeten Bergleute der Zeche „Wujek“ und der Gewerkschaft Politischer Gefangener im Kriegsrechts. 2007 Verleihung des Offizierskreuzes des Ordens der Polonia Restituta, Ehrenbürger von Kattowitz.


Moderator:

DS Foto kl

Dr. David Skrabania
Historiker, Kulturreferent für Oberschlesien am Oberschlesischen
Landesmuseum


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